ILIAS-Blog

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Erste Erfahrungen mit ILIAS 7 aus Bern und Luzern

Kruse, Fabian [Fabian] - 20. Aug 2021, 11:00

Wie schon bei ILIAS 6 hat die Uni Bern auch bei ILIAS 7 ein zeitiges Update durchgeführt. Sogar noch einige Wochen früher dran war die Hochschule Luzern. Wir haben Timon Amstutz und Yvonne Seiler aus Bern und Stephan Winiker aus Luzern gefragt, wie die bisherigen Erfahrungen mit dem Update sind, welche neuen Features sie begrüßen – und was für Probleme es noch gibt.

Während viele Mitglieder der ILIAS-Community mit den Updates auf die neue Major-Version schon mal ein Jahr warten, seid Ihr auch in diesem Jahr wieder früh dabei. Welche Verbesserungen in ILIAS 7 sind für Euch besonders wichtig?

Timon: Für uns ist das wichtigste Feature der ILIAS Resource Storage Service (IRSS). Er zentralisiert die Speicherung von Dateien auf dem Server. Die Dateinamen werden nur noch in der Datenbank geführt – im Dateisystem erscheinen sie nicht mehr. Fehler, die mit Sonderzeichen im Dateinamen zu tun hatten, sollten für migrierte Komponenten nun der Vergangenheit angehören. Zudem wird die Sicherheit wesentlich erhöht (Stichwort "Shell-Injection", bei der durch geschickt manipulierte Dateinamen Befehle in der Shell des Servers ausgeführt werden könnten).

Sämtliche Probleme mit Dateibezug können nun an einer einzigen Stelle behoben und Sicherheitsmaßnahmen für das ganze System vorgenommen werden. Das wiederum erhöht die Sicherheit von ILIAS insgesamt. Hinzu kommt, dass Features rund um die Dateiablage nun einfacher umgesetzt werden können. Andere Dateisysteme können in Zukunft besser angebunden werden. Insgesamt ist dieser Service ein wichtiger Schritt für die Sicherheit und Stabilität des Systems.

Mit ILIAS 7 wurde das Datei-Objekt und alle bisher damit erstellten Dateien in diesen neuen Service migriert. Die Implementierung war sehr anspruchsvoll und ist dank des enormen Einsatzes von Fabian Schmid gut gelungen. Herzlichen Dank für diesen wichtigen Beitrag!

Welche anderen Neuerungen sind noch von Bedeutung für Euch?

Yvonne: Das sichtbarste neue Feature von ILIAS 7 ist der überarbeitete ILIAS-Seiteneditor (wir berichteten). Mit ILIAS 7 ist hier ein erster großer Schritt in Richtung eines modernen und benutzerfreundlichen Editors gemacht worden.

Der veränderte Umgang mit Textparagraphen – ein harter Zeilenumbruch erstellt einen neuen Textabsatz – und die stärkere Unterscheidung von Absatzformaten und Blockformaten führen sowohl im Hintergrund (im Code) wie auch bei der Bedienung zu einer sauberen Trennung. Dies hat jedoch zur Folge, dass der verwendete Content Style angeschaut und ggf. angepasst werden sollte. Wir sind in Bern gerade dabei, unseren Content Style zu überarbeiten und vor allem die Textformate zu reduzieren. Eine weitere wichtige Änderung betrifft das Bearbeiten und das Auswählen, Kopieren und Löschen von Seitenelementen. Hier werden im Slate zwei getrennte Ansichten angeboten.

Die Arbeit mit dem neuen ILIAS-Seiteneditor fühlt sich sehr flüssig an und man kommt schnell voran. Es gibt aber noch einige Probleme, die sich nun nach dem Update bemerkbar machen. Diese müssen noch behoben werden (siehe unten).

Damit unsere Nutzenden einen möglichst einfachen Einstieg in die überarbeiteten Funktionen haben, haben wir einen Blog-Beitrag mit kurzen Videosequenzen erstellt, welche die Handhabung von den wichtigsten Änderungen im Seiteneditor aufzeigt.

Der neue Seiteneditor von ILIAS 7 im Einsatz an der Uni Bern
Eine Bearbeitung der Bild-Eigenschaften ist direkt im Slate möglich

Auch in Bezug auf die Barrierearmut hat sich bei ILIAS 7 einiges getan…

Timon: In jüngerer Vergangenheit ist das Thema Accessibility verstärkt in den Fokus gerückt. Erfreulicherweise bringt ILIAS 7 in der Tat einige wichtige Verbesserungen. Diverse Kontrast- und Größenprobleme wurden im Default Skin gelöst. Die Main Bar auf der linken Seite, die Meta Bar oben und einige andere Elemente können nun viel besser per Tastatur genutzt werden. Die Uni Bern und die Hochschule Luzern lassen sich sei diesem Frühjahr von der australischen Firma Web Key IT beraten. In einem Audit der Firma für ILIAS 7 konnten diese Verbesserungen auch bestätigt werden.

Im Bereich Accessibility gibt es aber weiterhin sehr viel Arbeit. Zahlreiche Module und Services benötigen weitere Verbesserungen. Die SIG Accessibity ist deshalb weiter auf Unterstützung in Testing, Pull Requests, Auswerten von Reports, Erstellung von Guidelines, Funding angewiesen. Wer hier einen Beitrag leisten kann, sollte am besten direkt in der SIG vorbeischauen.

Was sind neben den Features Eure wichtigsten Gründe für ein zeitiges Update?

Timon: Wir freuen uns immer auf das neue Release, an dem wir im letzten Jahr mitgearbeitet haben und wollen von den Neuerungen profitieren. Schon aus diesem Grund versuchen wir stets, in der Sommer-Semesterpause auf die neue Version upzudaten. Dies ist bei uns ein jährliches Unterfangen, damit wir nicht zu große Update-Sprünge machen müssen.

In diesem Jahr war die HSLU sogar ein paar Wochen schneller als wir. Ihre Erfahrungen haben uns mehr Sicherheit für unser Update gegeben und uns auf mögliche Stolpersteine hingewiesen. Analog dazu wollen wir als große Institution ebenfalls einen Beitrag für die Community leisten, indem wir von unseren Erfahrungen berichten.

Denn erst im aktiven Betrieb wird wirklich klar, ob Konzepte funktionieren und wo Probleme sind, die zuvor noch nicht entdeckt wurden. Neben dem Bedarf einiger Bugfixes sind dies wichtige Erkenntnisse für die Entwicklung des kommenden Releases. Ein großer Dank geht daher an unsere ILIAS-Nutzerinnen und Nutzer, die mit ihrem frühen Feedback einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung von ILIAS leisten.

Jetzt mal konkret zum Update an Euren Institutionen: Wie habt Ihr es vorbereitet – und wie ist es gelaufen?

Yvonne: Es lief ganz erfreulich. Auch dieses Jahr haben wir in Bern frühzeitig einen Update-Zeitplan aufgestellt und eigene Tests durchgeführt. Es gibt einige Komponenten in ILIAS, die für uns sehr zentral sind. Dazu zählen Objekte wie der Kalender und die Sitzung, aber auch Plugins wie SWITCHcast oder Interaktive Videos. Auch unsere Anpassungen am System Style müssen funktionieren. Wir testen daher unsere Workflows und unseren Look auf einer eigenen Test-Installation. So gewinnen wir Sicherheit und können frühzeitig entscheiden, ob und wann wir das Update durchführen wollen.

Stephan: Schwierig sind allerdings Tests, die große Dateimengen betreffen – wie zum Beispiel dieses Jahr durch die Einführung des IRSS. Hier war es uns nicht möglich, eine äquivalente Plattform mit dem entsprechenden Speicherplatz zur Verfügung zu stellen. So haben wir zwar die Migration getestet, aber auf einem ganz anders gebauten System. Um so glücklicher sind wir, dass das Update anscheinend ohne größere Probleme funktioniert zu haben scheint.

Was waren die größten Herausforderungen bei der Durchführung des Updates?

Timon: Am meisten Aufmerksamkeit erforderte in der Tat die Migration der Datei-Objekte zum IRSS. Auf unserer Plattform liegt eine sehr große Anzahl an Dateien – wie wahrscheinlich auf den meisten ILIAS-Installationen, die seit Jahren mit einer größeren Anzahl an Nutzerinnen und Nutzer in Betrieb sind. Im Vorfeld hatten wir die Gelegenheit genutzt, die Plattform ordentlich aufzuräumen und sind so rund die Hälfte der Dateien los geworden. Dennoch hat die Migration bei uns noch ca. 20 Stunden gedauert. Positiv ist, dass die Migration nach dem Update im laufenden Betrieb durchgeführt werden kann. Dateien, die noch nicht migriert wurden, können immer noch gelesen und auch heruntergeladen werden.

Und hat bei der Migration alles gut geklappt?

Timon: Bis jetzt gab es keine Fehlermeldungen. Soweit wir es beurteilen können, hat die Migration reibungslos funktioniert. Wir sind jedoch noch bei der Analyse und rechnen damit, dass es in ein paar Sonderfällen Probleme geben könnte. Wir haben deshalb kurz vor der Migration ein separates Backup außerhalb unserer üblichen Routine erstellt, auf welches wir notfalls zurückgreifen könnten.

Stephan: An der HSLU kam hinzu, dass zum Zeitpunkt der Migration der File Service noch in Version 1 vorlag – und daher eine zweite Migration nötig wurde. Das brauchte alles seine Zeit. Es ist bis jetzt nur schwer im Detail abzuschätzen, ob es vielleicht doch irgendwo einen unvorhergesehenen Datei-Verlust gab. Die nächsten Wochen werden es zeigen.

Kalender in ILIAS 7 an der Uni Bern

Einige Probleme scheint es leider mit der Generierung von PDFs zu geben?

Timon: In der Tat. Nach dem Wechsel zum neuen PDF-Renderer Wkhtmltopdf haben wir noch nicht die optimale Konfiguration gefunden. Gewisse Bilder erscheinen nicht auf dem PDF-Export. Dies gilt nicht für Exporte, welche mit Java (z.B. für die Zertifikate) erstellt werden. Wir konnten das Problem für den Moment mit einem etwas unschönen Workaround lösen – hier braucht es aber noch eine bessere Lösung.

Stephan, wie seid Ihr in Luzern damit umgegangen?

Stephan: An der HSLU haben wir uns dazu entschieden, die Funktion zur Erstellung von PDFs ganz aus ILIAS zu entfernen. Wkhtmltopdf ist leider äußerst schlecht gepflegt. Gleichzeitig bietet die Druckfunktion moderner Webbrowser alles, was es braucht. Einzig in der Archivierfunktion der Tests fällt das automatisch generierte PDF weg. Dieses kann aber natürlich auch manuell über die Druckfunktion erstellt werden.

Ihr hattet vorhin erwähnt, dass auch der neue ILIAS-Seiteneditor noch einige Probleme macht. Wie ist da der Stand?

Yvonne: Im Editor sind uns in der Tat noch einige Probleme aufgefallen. An vielen Stellen sind Workarounds möglich (z.B. externe Links statt interne) – aber es gibt auch ein paar schwerwiegende Fehler, die für Nutzende unangenehm sind. Wir sind dabei, diese auf Mantis zu melden, damit der Entwickler davon Kenntnis erhält und sie beheben kann. Hier ist es wichtig, dass andere Institutionen mitziehen und unterstützen, z.B. bei der Priorisierung der entdeckten Probleme.

Sind die Probleme am Editor per Bugfix zu beheben? Oder müssen wir uns hier bis ILIAS 8 gedulden?

Yvonne: Viele sind sicher per Bugfix zu beheben. Zum Glück ist bei uns gerade noch Semesterpause. Es haben daher noch nicht alle Lehrenden mit dem Vorbereiten der neuen Kurse begonnen. Für die Fixes ist also noch etwas Zeit. Gleichzeitig sind wir sehr froh über alle, die sich bereits mit dem Seiteneditor befassen – denn nur so finden wir unter den vielen möglichen Kombinationen der Seitenelemente die Funktionen, die noch Probleme bereiten.

Es zeigt sich einmal mehr wie wichtig es ist, Nutzende mit echtem Content arbeiten zu lassen. Nur so erkennen wir, wie damit umgegangen wird, was wie verstanden wird und wo weiter verbessert werden muss. Da wir als Universität Bern in der Arbeitsgruppe Page Editor Revision mitarbeiten, können wir unsere Erfahrungen direkt wieder in die Gruppe einspeisen. Sie beeinflussen ganz direkt die Konzepte für das nächste Release.

Die Arbeitsgruppe ist übrigens weiterhin offen für alle in der Community, die gerne am Seiteneditor arbeiten möchten. Wir freuen uns über weitere Unterstützung und Feedbacks aus der Nutzendensicht. Neben der Konzeptarbeit werden auch noch finanzielle Ressourcen für die nächsten Schritte benötigt. Über das hier schon erwähnte Crowdfunding kann man die Weiterentwicklung des Editors unterstützen.

Habt Ihr außer den Fehlermeldungen schon Feedback von Euren Benutzerinnen und Benutzern erhalten?

Yvonne: In diesem Release galt für uns der Anspruch: „Wenn ihr nichts merkt, haben wir alles richtig gemacht“. Gegenüber dem letztjährigen Wechsel auf ILIAS 6 – wo auch die visuelle Oberfläche und die Navigationskonzepte stark verändert wurden – gibt es mit ILIAS 7 viele wichtige Neuerungen im Hintergrund. Diese fallen den Nutzenden idealerweise nicht so stark ins Auge. Die nächsten Wochen werden zeigen, wie der überarbeitete Seiteneditor bei den Nutzerinnen und Nutzern ankommt. Viele sind positiv überrascht, wie schnell man beim Aufbau neuer Seiten jetzt vorwärts kommt – sobald man die neuen Konzepte verstanden und ein Gefühl dafür bekommen hat. Und es gab auch positives Feedback, dass wir nach dem Update relativ schnell wieder online gehen konnten.

Timon: Bei Fragen zum Update dürft Ihr gerne auf uns zukommen. Am besten ist es, Fragen gleich im Forum zu publizieren, damit auch andere Community-Mitglieder unterstützen und von den Antworten profitieren können.

Die Hochschule Luzern auf ILIAS 7

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