ILIAS-Blog
Jetzt unterschreiben: Freie Software für freie Lehre!
Über 90 Prozent aller deutschen Hochschulen nutzen Lernplattformen auf Open-Source-Basis. Neben ILIAS zählen beispielsweise auch Stud.IP und Moodle dazu. Nun haben sich die großen Open-Source-Communities zusammengetan, um in einer gemeinsamen Erklärung "freie Software für freie Lehre" zu fordern. Die Erklärung kann von weiteren Bildungseinrichtungen und Open-Source-Anbietern unterzeichnet werden. Die Kernforderungen: Open-Source-Software soll in öffentlichen Ausschreibungen bevorzugt werden, die bestehenden Communities sollen gefördert und ein gemeinsames, bundesweites Konzept für den Einsatz offener Software im Bildungsbereich auf den Weg gebracht werden.
Wir haben bei ILIAS-Vereinsgeschäftsführer Matthias Kunkel nachgefragt, was es mit der Erklärung auf sich hat.
Wie kam es zu dieser Erklärung - und warum gerade jetzt?
Veröffentlicht haben wir die Erklärung vor zwei Wochen, die Arbeit daran hat aber schon Ende letzten Jahres begonnen. Die Erklärung ist also keine Reaktion auf die Corona-Krise und dem daraus entstandenen Bedeutungsgewinn von E-Learning. Die Probleme, die wir ansprechen und die Forderungen, die wir erheben, bestanden schon vor Covid-19.
Es ging uns allen darum, aufzuzeigen, welch große Bedeutung Open-Source-Software in der deutschen Hochschullandschaft spielt. Dennoch wird sie selten als systemrelevanter Faktor - wie man heute sagen würde - gewürdigt und gefördert.
Die öffentliche Hand spart Unsummen an Lizenzkosten dank der lizenzkostenfreien Learning-Management-Systeme wie Stud.IP, Moodle oder ILIAS. Sie könnte wenigstens einen Teil davon investieren, um diese weiter zu entwickeln und an die immer neuen Anforderungen der durchaus anspruchsvollen Anwender anzupassen.
In der Erklärung wird hervorgehoben, dass die Vergaberegelungen bei Ausschreibungen Open-Source-Anbieter aktuell benachteiligen. Inwiefern ist dies der Fall?
Wir hatten in der Vergangenheit Fälle, in denen Open-Source-Software bei Ausschreibungen ausgeschlossen wurde oder bei der Open-Source-Software durch die Bedingungen nicht mitbieten konnte. In einigen Fällen wurde das auf Nachdruck sogar angepasst.
Das grundsätzliche Problem dahinter ist die Annahme, dass die Nutzung von Software über Lizenzkosten abgedeckt wird. Man kauft 5000 Lizenzen für ein kommerzielles Produkt - und gut ist. Dies kann man natürlich machen. Es ist aber nicht der einzige Weg - und dies sollte vor allem auch nicht der einzig mögliche Weg sein! Wenn dann noch Softwareentwicklung mit öffentlichen Geldern gefördert wird, ohne die Forderung, dass diese Software als Open Source der Allgemeinheit auch zur Verfügung gestellt wird, dann wird es völlig absurd.
Eine der Forderungen der Erklärung ist die nach einem bundesweiten Konzept für die Weiterentwicklung von Open-Source-Lösungen an deutschen Bildungseinrichtungen. Wer könnte dieses Konzept erstellen und welche Eckpunkte wären aus Deiner Sicht besonders wichtig?
An der Erklärung haben Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Open-Source-Systeme sehr gut miteinander zusammengearbeitet. Ich würde mir wünschen, dass das Konzept auch von diesem Kreis weiterentwickelt wird. Die Förderung der Initiative durch das Hochschulforum Digitalisierung ist jetzt aber erst einmal abgeschlossen. Wir müssen sehen, wie es jetzt weitergeht.
Das Gute ist, dass wir bereits systemübergreifend Themen entdeckt haben, die wir nur gemeinsam angehen können. Sie wären nicht von unseren jeweiligen Communities alleine zu bewältigen. Eines der Themen ist die hochschulübergreifende Vernetzung von Lernmanagementsystemen – idealerweise über den E-Learning-Community-Server ECS, der schon von einigen Hochschulen praktisch genutzt wird. Auch hier geht es darum, verschiedene Softwaresysteme miteinander zu koppeln und den Austausch im E-Learning zu fördern.
Für mich persönlich hat sich die Initiative schon allein deswegen gelohnt, weil ich mit den verschiedenen Kolleginnen und Kollegen aus der Stud.IP-, der Moodle oder der OPAL-Community zusammengekommen bin. So konnten wir uns besser kennenlernen, austauschen und schließlich ein wichtiges Dokument erarbeiten. Das war sehr interessant und anregend – und hat auch Spaß gemacht. Mal sehn, was wir damit noch erreichen können. Ich hoffe, viel.
Matthias, vielen Dank für Deine Zeit!
Wer sich mit seiner Institution den Forderungen anschließen möchte, kann die Erklärung ganz einfach mit unterzeichnen. Wir rufen alle Universitäten, Schulen und andere Bildungseinrichtungen sowie Anbieter und Vereine aus dem Bildungs- und Open-Source-Bereich dazu auf! Je mehr wir sind, desto mehr Aufmerksamkeit werden wir bekommen und desto eher wird auch die Politik uns Gehör schenken.
Und wer noch etwas mehr zu dem Thema erfahren möchte, dem sei dieser Artikel in der TAZ empfohlen.