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Community Stories: ILIAS im Medizinstudium an der Uni Freiburg

Seibt, Alina [alina.seibt] - 12. Dec 2025, 13:45

Wie funktioniert eigentlich das Lernen und Lehren an einer Medizinischen Fakultät an einem Universitätsklinikum? Und welche Rolle kann ILIAS dabei spielen?

Um das herauszufinden, habe ich mit Hannah Köpper und Rob Falkenstein von der Universität Freiburg gesprochen. Hannah leitet das Digitalisierungsteam im Bereich Lehrentwicklung des Studiendekanats der Medizinischen Fakultät. Dort unterstützt sie mit ihrem Team jährlich mehrere tausend Nutzer:innen dabei, ihre Digitale Lehre zu gestalten, sich auf Prüfungen, Praxiseinsätze und den Klinikalltag vorzubereiten.

Rob kennen viele Leserinnen und Leser vermutlich schon durch sein Mitwirken im Technical Board des ILIAS-Vereins. Im Rechenzentrum der Uni Freiburg befasst er sich tagtäglich mit technischen Herausforderungen des Unialltags und der konzeptionellen Weiterentwicklung von ILIAS. Die Themen e-Learning, Support und Weiterentwicklung verbinden die beiden. Sie haben wöchentliche Meetings zur ILIAS-Installation „medicAL“ der Medizinischen Fakultät.

Alina: Für Außenstehende wirkt ein Medizinstudium oft wie eine Mischung aus Uni und Krankenhaus. Wie muss man sich den Studienalltag bei euch vorstellen? Kannst du uns ein bisschen über die Medizinische Fakultät und den Studienalltag erzählen, Hannah?

Hannah: Die Medizinische Fakultät ist Teil der Universität Freiburg. Viele unserer Lehrenden im Medizinstudium sind Ärztinnen und Ärzte, die am Uniklinikum arbeiten. Die Studierenden sind in großen Teilen ihres Studiums zudem auch in den verschiedenen Fachbereichen der Uniklinik unterwegs und absolvieren z.B. Blockpraktika.

Das Medizinstudium ist in drei große Abschnitte gegliedert:

  1. Erster Studienabschnitt (1.–4. Semester):
    hier lernen Studierende naturwissenschaftliche, vorklinische Grundlagen wie Biologie, Chemie oder Anatomie.
  2. Zweiter Studienabschnitt (5.–10. Semester):
    ab hier wird es dann praxisnäher mit Fächern wie zum Beispiel Chirurgie, Pädiatrie oder Orthopädie.
  3. PJ – das Praktische Jahr:
    Das ist der letzte Teil des Studiums, der im Krankenhaus, Uniklinikum oder Arztpraxen stattfindet. Er ist unterteilt in drei Tertiale. Die Studierenden absolvieren zwei Pflicht-Tertiale (Innere Medizin, Chirurgie) und ein Wahl-Tertial.

Dazu kommen noch weitere Praktische Anteile wie eine Famulatur, ein Krankenpflegedienst und eine Ausbildung in Erster Hilfe als Bestandteile der ärztlichen Ausbildung.

Und neben Humanmedizin gibt es noch weitere Studiengänge an der Medizinischen Fakultät?

Ja, bei uns kann man auch die weiteren Grundständigen Studiengänge Pflegewissenschaft, Hebammenwissenschaft, Zahnmedizin, Molekulare Medizin studieren. Dazu bietet die Medizinische Fakultät noch drei konsekutive Master und vier Weiterbildungsstudiengänge an. Diese gehören alle zur Medizinischen Fakultät, haben aber eigene Curricula.

Und für alle diese Studiengänge benutzt ihr ILIAS?

Wir haben für die Grundständigen Studiengänge der Medizinischen Fakultät eine eigene ILIAS-Plattform, weil wir festgestellt haben, dass sie doch nochmal ganz spezielle Bedürfnisse haben. Und denen können wir am besten mit einer eigenen Plattform gerecht werden.

Seit wann benutzt ihr ILIAS?

Wir benutzen ILIAS, seit die Uni Freiburg ILIAS nutzt, also seit 2012 etwa. „medicAL“ betreiben wir jetzt seit 2021. Da haben wir angefangen, die Fakultät vom Uni-ILIAS zu trennen.

Und wie ist der Umzug abgelaufen?

Wir haben jeden Studiengang einzeln und nacheinander auf medicAL gezogen. Dazu haben wir mit kleinen Studiengängen angefangen, zum Beispiel der Pflegewissenschaft. Der große Studiengang Humanmedizin kam erst später, denn dort gibt es wirklich viele Fächer und Kurse. Die Fächer der Humanmedizin sind eigene Fachbereiche – zum Beispiel Pädiatrie, Nephrologie  oder Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Die meisten Studierenden der Medizinischen Fakultät studieren Humanmedizin: mehrere Tausend. Da musste der Umzug wirklich sorgsam und Schritt für Schritt stattfinden.

Bei den kleineren Fächern war auch klar, dass alle Kurse umziehen werden. Das war bei der Humanmedizin ein bisschen komplizierter.

Bei der Humanmedizin gibt es also auch Kurse, die auf dem Uni-ILIAS sind?

Ja genau. Weil das zum Teil Veranstaltungen aus anderen Studiengängen sind, welche an der Uni angesiedelt sind. Da nehmen die Humanmedizinstudierenden zwar ebenfalls teil, bilden aber nur einen Teil der gesamten Studis dieser Veranstaltung. Solche Kurse liegen oder lagen dann teilweise auf dem Lehr-ILIAS und nicht auf Medical.

Wir haben die Anbindung aber sehr gut hinbekommen. Die Studis klicken bei uns auf den Link und landen dann auf dem Lehr-ILIAS. Im Grunde merken sie gar nicht, dass sie sich auf eine andere Plattform bewegen, dank Single Sign-On. Nur die optische Gestaltung der Installationen ist anders.

Und wie wird bei einem so komplexen Fach wie der Humanmedizin ILIAS benutzt? Benutzt ihr das klassische ILIAS, oder habt ihr eine stark angepasst Entwicklung?

Hannah: Wir nehmen das, was da ist. Und das funktioniert sehr gut. Im Grunde wie in anderen Studiengängen auch. Wir haben Lehrende, die benutzen den medicAL-Kurs als Dateiablageort. Wir haben aber auch Lehrende, die bauen sehr komplexe Kursstrukturen auf. Und da unterstützen wir sehr gerne als Digitalisierungsteam.

Benutzt ihr denn irgendwelche Plugins auf medicAL?

Rob: Die Zahnmedizin hat zum Beispiel hat vor einiger Zeit eine Lehrmaterialbibliothek aufgebaut. Da können Videos hochgeladen und verwaltet werden. Dafür wird der Videodienst von der Uni benutzt: Panopto. Dieser ist direkt an ILIAS über ein Plugin angebunden.

Es gibt in ILIAS ein Panopto-Objekt, in dem die Videos liegen. Die können automatisch transkribiert werden, man kann die Inhalte durchsuchen und auch aus ganz unterschiedlichen Kursen darauf zugreifen und die Videos gemeinsam verwalten.

Ich glaube das ist generell ein wichtiges Plugin an der Uni Freiburg. Also auf medicAL, aber auch auf dem Uni-ILIAS. Denn dort liegen mittlerweile im Grunde alle Videos der Uni.

Ansonsten haben wir noch die Matrix-Kopplung installiert und aktiv. Matrix ist der Chat-Messenger der Uni. Und mit dem Plugin kann man mit einem Klick aus ILIAS-Kursen Matrix-Chaträume erzeugen und alle Leute einladen. Das ist gerade bei großen Kursen sehr nett. So spart man sich das Eintippen aller einzelner Namen.

Ich habe gesehen, dass ihr auf medicAL auch den AI-Chat habt.

Hannah: Die Universität bietet verschiedene Modelle an. Wir haben einen extra Bereich auf medicAL, auf dem die verschiedenen Modelle hinterlegt sind, die man dann auch direkt über medicAL nutzen kann. Außerdem haben wir in diesem AI-Chat-Bereich auch verschiedene Schulungsangebote, damit sich Interessierte bezüglich KI-Kompetenzen weiterbilden können.

Nicht jede*r Studi oder Lehrende möchte sich gern bei Chat-GPT anmelden oder da etwas zahlen müssen. Es ist auch einfach wichtig, dass andere Modelle zur Verfügung stehen, um eine Bildungsgerechtigkeit, einen gerechten Zugang ermöglichen zu können. Und auch aus Datenschutzgründen… Digitale Souveränität spielt eine immer größer werdende Rolle.

Wir haben aktuell OpenAI und Mistral als externe Anbieter, mit denen man chatten kann. Und wir haben auch einen relativ großen Stack an lokalen Modellen. Das bekannteste und am häufigsten genutzte ist wahrscheinlich GPT-OSS.

Auf medicAL haben wir im KI-Bereich auch entsprechend E-Learnings abgelegt. Also Lernmodule, Kurzschulungen, Verweise auf Kurse und andere Angebote, wie etwa dem offenen Promptkatalog des KI-Campus für Hochschullehre. Dadurch wollen wir KI-Kompetenzen fördern.

Wir wollen den Bereich so nutzerfreundlich wie möglich gestalten. Er richtet sich sowohl an Lehrende als auch Studierende.

Danke für den Einblick. Ihr hattet mir noch von dem train-a-med-Angebot auf medicAL berichtet. Was hat es damit auf sich?

Rob: train-a-med ist ein Angebot der Allgemeinmedizin. Es handelt sich um ein öffentlich zugängliches Fortbildungsportal mit vielen Lernvideos und Lernmodulen und einer doch recht komplexen Seitenstruktur, die über den ILIAS-Seiteneditor erstellt wurde. Die Lernmodule wurden mit dem Autorentool knowledgeworker erzeugt und als SCORM-Modul eingebunden.

Hier können Lernfälle und Lernmodule zu weiteren Themen wie Kommunikation und Prävention durchgearbeitet werden. Das Angebot ist sehr umfangreich und wächst noch.

Hannah: Und wenn man das theoretische Wissen aus dem train-a-med-Kurs praktisch üben möchte, kann man das Angebote des StudiTZ, unserem SkillsLab, nutzen – das Freiburger Skills Lab für Humanmedizin. Dafür gibt es ebenfalls auf medicAL einen sehr umfangreichen Kurs.

Das StudiTZ ist ein freiwilliges Zusatzangebot. Der Stundenplan der Humanmedizin ist stark vorgegeben. Im StudiTZ kann ich mich als Studi für ein Thema entscheiden und zusätzliche Kurse dazu besuchen. Das sind dann Kurse zu Themen wie EKG, Geburtshilfe, Sonographie etc. Im Skills Lab können diese Themen freiwillig vertieft und geübt werden.

Auf medicAL  ist das StudiTZ mit einem eigenen Bereich vertreten. Die Anmeldung zu den Kursen haben wir das über das ILIAS-Objekt Gruppe abgebildet. Die Kurse sind sehr gefragt und daher nutzen wir die Wartelisten-Funktion viel und regelmäßig.

Wow, das klingt sehr gut. Wie stellt ihr sicher, dass eure Angebote auf medicAL gut angenommen werden?

Hannah: Wir evaluieren sehr eng. Wir haben beispielsweise bei jedem Umzug eines Studiengangs vom Uni-ILIAS auf medicAL evaluiert: was fanden die Nutzerinnen und Nutzer gut, was würden sie gerne verbessern. Wir haben jeweils einmal vor und einmal nach dem Umzug evaluiert. Und nachdem alle Studiengänge auf medicAL waren, haben wir noch eine zusätzliche Gesamtevaluation der Plattform unter allen Nutzerinnen und Nutzern gemacht. Daraus haben wir Handlungsfelder abgeleitet.

Wir benutzen in unseren Umfragen sehr viele Freitextfragen und freuen uns immer über umfangreiches, auch kritisches Feedback. Schließlich wollen wir medicAL so nutzerfreundlich wie möglich gestalten.

So konnten wir beispielsweise herausfinden, dass der Login noch nicht optimal war und wir Verbesserungen vornehmen mussten. Auch im Bereich Buchungspool gab es Änderungen, die wir über Rob und Marko (Glaubitz) dann an die Community gegeben haben, die letztlich mit ILIAS 8 umgesetzt wurden. Ebenso Anpassungen in der Timeline eines Kurses.

Ich muss wirklich sagen: ohne das Rechenzentrum und Rob könnten wir vieles gar nicht so machen. Das Coole ist, dass wir sehr eng zusammenarbeiten. Wir treffen uns einmal in der Woche und stellen Rob unsere Fragen: Ist das Feature schon da? Wann kommt das endlich?

Rob: (lachend) Die Antwort ist häufig nein.

Hannah: Alles gut. Es dauert eben seine Zeit. So ist das bei einer community-getriebenen Software. Die Uni Freiburg arbeitet ja auch sehr eng mit der ILIAS-Community zusammen. Und so können wir Features einbringen, die hier wirklich benötigt werden. Das ist ein sehr großer Vorteil.

Vielen Dank euch beiden für den Einblick in eure sehr umfangreiche ILIAS-Installation.

Das Gespräch mit Hanna und Rob zeigt, wie vielseitig ILIAS genutzt wird. Und wie wichtig eine aktive Community dafür ist. Wer sich einbringen möchte, hat viele Wege: in unseren SIGs, auf Konferenzen oder im Austausch auf dem Discord-Server. Jede Stimme hilft, ILIAS weiterzuentwickeln. Mehr Infos gibt es hier:

Zum Onboarding


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