ILIAS-Blog
Rückblick: 20. Internationale ILIAS-Konferenz
Zum zweiten Mal in Folge haben wir unsere große Jahreskonferenz im virtuellen Raum durchgeführt. Die angestrebte Präsenzveranstaltung im schönen Dortmund mussten wir wegen der weiterhin unsicheren Pandemielage erneut absagen. So traf sich die ILIAS-Community in den bewährten Big-Blue-Button-Räumen – diesmal immerhin verbunden durch den gemeinsamen Kaffeekonsum aus den offiziellen Konferenztassen, die das Dortmunder Orga-Team in liebevollen Care-Paketen an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer geschickt hatte.
Einen tollen Aufschlag machte in der Eröffnungs-Keynote Peter Ganten, CEO der Univention GmbH und Vorsitzender der Open Source Business Alliance, bei der auch der ILIAS-Verein Mitglied ist. Ganten hob die Bedeutung von Open-Source-Software für die digitale Souveränität hervor und forderte die ILIAS-Community auf, auch außerhalb der eigenen "Bubble" selbstbewusst aufzutreten. (Die Aufzeichnung der Keynote ist hier zum Nachschauen bereits verfügbar.)
Der erste Konferenzbeitrag mit direktem ILIAS-Bezug kam dann aus Dortmund. Thomas Langkau und Klaus Vorkauf von der dortige Fachhochschule informierten über ILIAS.nrw. Dieses Projekt der Digitalen Hochschule NRW soll im E-Learning-Bereich landesweit Kompetenzen bündeln und Neuentwicklungen an ILIAS allen Hochschulen gleichermaßen zu Gute kommen lassen. Neben der FH Dortmund sind auch die TH Ostwestfalen-Lippe, die FH Bielefeld, die HHU Düsseldorf und die TH Köln an ILIAS.nrw beteiligt.
Anschließend konnte ILIAS-Vereinsgeschäftsführer Matthias Kunkel an Peter Gantens Keynote anknüpfen: ILIAS leiste für die digitale Souveränität im E-Learning einen nicht zu unterschätzenden Beitrag. Denn neben der Kontrolle über ihre Daten haben ILIAS-Nutzerinnen auch Gestaltungsfreiheit für ihre Werkzeuge, können die Entwicklung aktiv beeinflussen und die Software auf ihre Anforderungen hin anpassen.
Ein Großteil der Konferenz fand anschließend wieder in parallelen Slots statt, um die Vielzahl an Workshops und Vorträgen unterzubringen. Ein Themenschwerpunkt war Empowerment im E-Learning. So können sich im Brückenprojekt Mathematik der FH Dortmund Schülerinnen und Schüler bereits vor dem Abitur das erforderliche Mathematikwissen für MINT-Studiengänge aneignen. Auch an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg gibt es eine eigene Plattform, die – basierend auf dem optes-Projekt – den Studienstart in den MINT-Fächern erleichtert. Dank der Nutzung von Organisationseinheiten können sich hierbei mehrere Standorte eine Plattform teilen, ohne datenschutzrechtliche Probleme zu bekommen. Der Beitritt zu den erforderlichen Kursen erfolgt weitgehend automatisiert.
Im gleichen Schwerpunkt zeigte Dr. Heike Rundnagel von der Uni Marburg zeigte, wie agile Lehr-/Lernmethoden mit ILIAS umgesetzt werden können. Und Sevgi Isaak von der Uni Bern stellte das dortige eCoach-Program vor. Speziell ausgebildete Studierende konzipieren und gestalten darin E-Learning-Szenarien in Zusammenarbeit mit Dozierenden. Auf diese Weise lernen beide Seiten ILIAS besser kennen und entwickeln Formate, die auch andere Lehrende inspirieren.
Als Prüfungsplattform ist ILIAS an den Hochschulen kaum mehr wegzudenken. Durch die Corona-Pandemie hat der Einsatz von E-Prüfungen noch einmal stark zugenommen. Dr. Christian Dette stellte vor, wie die Uni Halle seit Pandemiebeginn rund 60.000 Prüfungen mit ILIAS durchgeführt hat. Dank der sorgfältigen Vorbereitung der Studierenden und Live-Betreuung per Chat und BigBlueButton erfolgte dies ohne größere Probleme. Dennoch gab es einige "Prüfungsfallen" zu umgehen, die überwiegend rechtlicher und organisatorischer Natur waren. Doch auch ILIAS kann unter Last in die Knie gehen, weshalb im Vorfeld genaue Tests der Belastungsgrenzen erforderlich sind.
Vorgestellt auf der Konferenz wurden mehrere Ansätze, die die Umsetzung von Prüfungsprozessen in ILIAS dauerhaft verbessern sollen. Das Projekt EDUTIEK zeigte einen ersten Prototypen für die vereinfachte und sichere Durchführung textintensiver E-Klausuren. Die direkte Korrektur und Bewertung von eingereichten PDF-Dokumente war Thema einer Präsentation der Databay AG. Und mehrere Mitglieder der SIG E-Assessment stellten ihre Überlegungen und Anforderungen für die Weiterentwicklung des Test&Assessments als E-Prüfungsplattform vor.
Unter dem Titel "Hybride Lehre – hybrides Training" wurden Konferenzbeiträge gesammelt, die Online- und Präsenzlehre gekonnt kombinieren. Ein Beispiel hierfür war die Sifa-Lernwelt, welche für die Ausbildung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit entwickelt worden ist. Rüdiger Reitz vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. und Dr. Jens Breuer von der Qualitus GmbH zeigten, wie dabei mit Hilfe von xAPI verschiedene Systeme mit ILIAS vernetzt werden. Bisher läuft die Lernwelt auf 12 ILIAS-Installationen, jedoch ist zeitnah ein sprunghafter Anstieg geplant, um den Ausbildungsbedarf abzudecken. Immerhin ist jeder Arbeitgeber in Deutschland dazu verpflichtet, eine Fachkraft für Arbeitssicherheit zu bestellen.
Mit dem "Lernbüro" stellten Rachel Knauer vom Diakonie Michaelshoven Berufsförderungswerk Köln und Marieke Vomberg von der Hochschule Niederrhein eine ILIAS-basierte Online-Community vor, in der eine Vielzahl an Lernmaterialien für Kaufleute für Büromanagement kostenfrei und ohne Registrierung zur Verfügung gestellt werden. Ein Großteil der Materialien ist OER-lizensiert und kann heruntergeladen und extern verwendet werden. Per H5P kommen zudem etliche interaktiuve Materialien auf die Plattform. Der Aufbau des "Lernbüros" folgt dem Rahmenlehrplan und ergänzt so die jeweilige Ausbildung vor Ort durch digitale Inhalte.
Neben den tollen Beiträgen und der angeregten Diskussion unter den Teilnehmenden überzeugte auch in diesem Jahr wieder die Konferenz-Technik. Über 360 Menschen waren zwischenzeitig gleichzeitig online. Die Serverinfrastruktur – wie schon im Vorjahr wieder bereitgestellt von der Firma Databay – war hierfür gut bemessen. Lediglich der vollgelaufene Chat machte am zweiten Konferenztag hier und da Probleme und sorgte für längere Ladezeiten.
Das Thema "Digitale Souveränität" wurde in der Konferenz immer wieder aufgegriffen. Stud.IP-Vereinsvorstand Cornelis Kater und Klaus Steitz vom Verein "Moodle an Hochschulen" stellten die Initiative Open Source LMS vor, die sie gemeinsam mit dem ILIAS-Verein ins Leben gerufen haben. Die zugehörige Erklärung fordert die Stärkung freier Bildungsplattformen in Deutschland (wir berichteten). Rund 100 Bildungseinrichtungen haben sie mittlerweile unterzeichnet, darunter etwa 50 Hochschulen. Sie betreuen gemeinsam mehr als eine Million Studierende und zeigen klar die Bedeutung von Open-Source-Software in der Bildungslandschaft.
Doch auch in der Industrie erkennt man die Bedeutung von digitaler Souveränität: Auftragsentwicklungen für das eigene Unternehmen sind kostspielig und unsicher, während proprietäre Lösungen zu wenig an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden können. Roberto del Mastro und Ilario Truppa vom italienischen ILIAS-Premium-Partner OC Group gewinnen daher immer wieder Großunternehmen für ihre ILIAS-basierten Angebote. So setzt mit der IMA Group ein Global Player in der Verpackungsindustrie für interne Trainings und Kundenschulungen mittlerweile vollständig auf ILIAS.
Eine Fähigkeit wird bei vielen Einsatzszenarien von ILIAS immer wichtiger: Die Erweiterbarkeit und die Vernetzung mit anderen Systemen. So war dies der letzte Schwerpunkt der Konferenz, der mit etlichen spannenden Einsatzszenarien glänzte. So zeigten Anne Kundt und Philipp Kröpelin, wie ILIAS mit dem Redaxo CMS integriert werden kann. Damit wird eine attraktive Content-Bibliothek mit den vielfältigen Möglichkeiten von ILIAS verbunden. Dank der SOAP-Schnittstelle müssen Benutzerdater nur an einer Stelle gepflegt werden. Achim Hötzel von der Uni Marburg zeigte, wie Lernmodule in ILIAS um Virtual- und Augmented-Reality-Inhalte erweitert werden können.
Gleich vier Beiträge präsentierten die Möglichkeiten der Standards cmi5/xAPI und LTI in ILIAS. Letzterer wurde mit der Abschluss-Keynote noch einmal besonders gewürdigt. Bracken Mosbacker vom IMS Global Learning Consortium hatte trotz des großen Zeitunterschiedes zu seiner Heimat an der amerikanischen Pazifikküste etliche Konferenzbeiträge angesehen und sich an den Diskussionen beteiligt. In seiner engagierten und unterhaltsamen Präsentation stellte er einmal mehr die Bedeutung der ILIAS-Community in den Vordergrund.
Und die von Peter Ganten kritisierte Bubble? Im Rückblick konnte diese in manchen Bereichen bereits etwas geöffnet werden. Dank der guten Zusammenarbeit im Rahmen der Open-Source-E-Learning-Erklärung wird der Austausch zwischen den Communities rund um ILIAS, Moodle und Stud.IP in letzter Zeit merklich enger. Auch integrative Standards wie cmi5/xAPI und LTI tragen dazu bei, verschiedene Plattformen besser miteinander zu vernetzen und erleichtern die Zusammenarbeit über Systemgrenzen hinweg. Und nicht zuletzt ist hier die weltweite ILIAS-Community hervorzuheben, die sich von Nordrhein-Westfalen aus schnell im deutschsprachigen Raum verbreitet hat, heute aber die ganze EU durchzieht und bis in die USA und nach Asien reicht. In diesem Sinne freuen wir uns alle 2022 auf eine weitere internationale ILIAS-Konferenz in Präsenz – die OC Group in Italien wird dann unser Gastgeber sein!
Comments
Mela, Alix [ILIAS_LM]
Danke für die Aufzeichnungen & die ganze Arbeit dahinter!
Created on7. Dec 2021Kunkel, Matthias [mkunkel]
Und jetzt stehen auch alle aufgezeichneten Vorträge als Videos auf YouTube: https://www.youtube.com/playlist?list=PLJj1ocVfK3oaWambOklgJJMaWZ-yRUFGM
Viel Spaß!
Created on3. Dec 2021